Gesetzliche Drogengrenze für den persönlichen Gebrauch in der Türkei
In der Türkei unterliegen Straftaten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln oder psychotropen Stoffen gemäß dem türkischen Strafgesetzbuch (TCK) äußerst strengen Sanktionen. Zunächst muss unmissverständlich klargestellt werden, dass der Besitz von Drogen in der Türkei, unabhängig von der Menge, eine Straftat darstellt. Der Gesetzgeber hat den Besitz dieser Substanzen aufgrund ihrer verheerenden Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit vollständig verboten.
Das Strafrecht befasst sich jedoch eingehend mit der Absicht, die hinter der Tat steht. Die entscheidende Unterscheidung, die das Strafmaß grundlegend ändert, liegt in einer Frage: Wird die besessene Substanz für den persönlichen Gebrauch oder zum Zweck des Handelns (Verkauf, Weitergabe, Versand) aufbewahrt?
Hier kommt der Begriff der „Grenzen des persönlichen Gebrauchs“ ins Spiel. Es gibt keine expliziten numerischen Angaben im türkischen Strafgesetzbuch, die besagen: „Die Grenze für den persönlichen Gebrauch liegt bei 5 Gramm.“ Diese Grenzen wurden über die Jahre durch die Rechtsprechung des Kassationshofs (des höchsten Berufungsgerichts), d.h. durch dessen präzedenzschaffende Urteile, geformt. In diesem Artikel werden wir zunächst die relevanten Straftatbestände im TCK und anschließend die Kriterien und Mengen untersuchen, die der Kassationshof zur Vornahme dieser Unterscheidung heranzieht.
Drogendelikte im türkischen Strafgesetzbuch: TCK 188 und TCK 191
Das TCK regelt Straftaten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln unter zwei Hauptdeliktstypen:
1. Herstellung und Handel mit Betäubungsmitteln oder psychotropen Stoffen (TCK Artikel 188)
Dieser Straftatbestand umfasst Handlungen wie den Verkauf, das Anbieten zum Verkauf, die Abgabe an andere (Weitergabe), den Versand, die Einfuhr oder die Ausfuhr von Betäubungsmitteln. Wie ersichtlich, liegt dieser Straftat die Absicht der „Weitergabe an einen anderen, mit oder ohne Gewinn“ zugrunde. Die Strafen sind äußerst streng und erfordern eine Freiheitsstrafe von nicht weniger als zehn Jahren.
2. Kauf, Annahme oder Besitz von Betäubungsmitteln oder psychotropen Stoffen zum Zweck des Gebrauchs (TCK Artikel 191)
Dieser Straftatbestand regelt, abweichend von den Handlungen in TCK 188, den Besitz, Kauf oder die Annahme von Betäubungsmitteln durch eine Person ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch. Die Sanktionen für dieses Delikt unterscheiden sich grundlegend vom Handel. Typischerweise werden in der Anfangsphase Maßnahmen wie die Aussetzung der öffentlichen Klageerhebung, Bewährung und Behandlung angewendet.
Wie unterscheidet der Kassationshof zwischen „Gebrauch“ und „Handel“?
Es reicht nicht aus, wenn eine Person, die mit Drogen erwischt wird, einfach sagt: „Ich bin ein Konsument, kein Händler.“ Der Kassationshof prüft konkrete Beweise, um diese Absicht festzustellen. Das wichtigste Beweismittel ist die Menge der beschlagnahmten Substanz.
Die Menge allein ist jedoch nicht entscheidend. Nach der ständigen Rechtsprechung des Kassationshofs werden die folgenden Kriterien als Ganzes bewertet:
-
Menge: Übersteigt die beschlagnahmte Menge den persönlichen Konsumbedarf einer Person bei weitem? Der Kassationshof legt in der Regel die „Menge des jährlichen persönlichen Gebrauchs“ als Maßstab an.
-
Art des Besitzes: Wurde die Substanz in einem Stück gefunden oder in kleinen, separaten, verkaufsfertigen Päckchen (sogenannte „fişek“)? Zahlreiche kleine Päckchen sind ein starker Beweis für die Handelsabsicht.
-
Ort des Besitzes: Wurde die Substanz an einem leicht zugänglichen Ort in der Wohnung oder am Körper der Person aufbewahrt, oder war sie in einem geheimen Versteck (Depot) verborgen?
-
Zusätzliche Beweise: Das Vorhandensein von Gegenständen wie Präzisionswaagen, kleinen Druckverschlussbeuteln, die zur Verpackung verwendet werden, oder größeren Bargeldmengen, die vermutlich aus Drogengeschäften stammen, deutet darauf hin, dass die Handlung dem Handel diente.
Grenzen des persönlichen Gebrauchs nach Substanzart und Rechtsprechung des Kassationshofs
Der Kassationshof hat verschiedene Urteile darüber gefällt, welche Mengen den persönlichen Gebrauch überschreiten und einen Beweis für das Verbrechen des Handels darstellen. Obwohl diese Grenzen nicht im Gesetz festgeschrieben sind, sind sie zur ständigen Praxis des Gerichtshofs geworden.
Cannabis
Cannabis ist die Substanz, für die der Kassationshof die relativ höchste Mengengrenze festgelegt hat. Die Generalversammlung des Kassationshofs und die zuständigen Strafsenate akzeptieren, dass der jährliche persönliche Konsumbedarf eines Konsumenten zwischen etwa 600-700 Gramm und 1 Kilogramm liegen kann.
Beispielsweise stellte der 10. Strafsenat des Kassationshofs (E. 2015/1252, K. 2015/785) in einem Urteil fest, dass 1018 Gramm (über 1 kg) Cannabis über der Grenze des persönlichen Gebrauchs lagen und den Straftatbestand des Drogenhandels erfüllten.
Heroin und Kokain
Die vom Kassationshof für diese Substanzen festgelegte Grenze ist viel niedriger. Nach ständiger Rechtsprechung deutet der Besitz von etwa 20 Gramm oder mehr Heroin oder Kokain, ohne dass weitere Beweise (Präzisionswaage, Päckchen usw.) vorliegen, auf das Vorhandensein einer Handelsabsicht hin.
Beispielsweise urteilte der 10. Strafsenat des Kassationshofs (E. 2015/2516, K. 2018/9417) in einem Fall, dass die beschlagnahmten 36,9 Gramm Kokain weit über der Menge des persönlichen Gebrauchs lagen, und betonte, dass die Tat den Straftatbestand des Handels erfüllte.
Methamphetamin
Bei Methamphetamin, einer synthetischen und stark süchtig machenden Substanz, ist die Toleranz des Kassationshofs nahezu gleich null. Sehr geringe Mengen können als Beweis für den Handel gewertet werden. Ein präzedenzschaffendes Urteil in dieser Sache lautet wie folgt:
Kassationshof, 10. Strafsenat, E. 2015/1631, K. 2015/31248:
„…es wurde übersehen, dass der Straftatbestand des Handels mit Betäubungsmitteln durch die Beschlagnahme von insgesamt 15,2 Gramm Methamphetamin in zwei Teilen erfüllt war…“
Wie aus dem Urteil ersichtlich ist, wurde eine Menge von 15,2 Gramm vom Kassationshof als ausreichend für den Straftatbestand des Handels angesehen.
Bonsai (Synthetisches Cannabinoid)
Bonsai ist die Substanz, die in den Entscheidungen des Kassationshofs die größte Variabilität aufweist. Bei dieser Substanz ist die Art des Besitzes (Anzahl der Pakete) entscheidender als die Menge. So sehr, dass der Gerichtshof sehr geringe Mengen als Handel eingestuft hat, wenn sie verpackt waren:
-
In einem Urteil entschied der 10. Strafsenat des Kassationshofs (E. 2019/3273, K. 2020/3204), dass insgesamt 0,4 Gramm Bonsai in 11 separaten Päckchen, obwohl es sich um eine sehr geringe Menge handelte, aufgrund der Art der Verpackung „verkaufsfertig“ sei und den Straftatbestand des Handels erfülle.
-
Im Gegensatz dazu wurde in einem anderen Urteil (E. 2021/12923, K. 2022/4032) entschieden, dass netto 7,3 Gramm Bonsai innerhalb der Grenzen des persönlichen Gebrauchs liegen könnten.
Diese Urteile zeigen, dass bei Bonsai die Anzahl der Pakete ein wichtigeres Kriterium ist als das Gesamtgewicht.
Synthetische Pillen (MDMA, Ecstasy usw.)
Die allgemeine Auffassung des Kassationshofs bei synthetischen Pillen basiert auf der Stückzahl. Es wird allgemein anerkannt, dass die Grenze für den persönlichen Gebrauch bei etwa 50 Pillen liegt. Es ist häufig in Urteilen des Kassationshofs zu sehen, dass der Besitz von 50 oder mehr Pillen, selbst ohne weitere Beweise, eine starke Vermutung für eine Handelsabsicht begründet.
Zusammenfassende Tabelle: Gebrauchsgrenzen nach der Rechtsprechung des Kassationshofs
Die folgende Tabelle fasst die ungefähren Obergrenzen zusammen, die der Kassationshof in verschiedenen Urteilen als Vermutung für den Straftatbestand des „Handels“ ansieht.
| Substanzart | Menge, die vom Kassationshof allgemein als Handel angesehen wird |
| Cannabis | Jährlich ca. 1 kg oder mehr |
| Heroin | Ca. 20 Gramm oder mehr |
| Kokain | Ca. 20 Gramm oder mehr (in einigen Urteilen 60 g) |
| Methamphetamin | Ca. 10 Gramm |
| Bonsai (Synthetisch) | Art der Verpackung ist entscheidend (z. B. 0,4 g / 11 Päckchen) |
| Synthetische Pillen | Ca. 50 Pillen oder mehr |
Bewertung und Fazit
Wie ersichtlich ist, stellt der Besitz von Drogen in der Türkei unter allen Umständen eine Straftat dar. Die beschlagnahmte Menge ist der wichtigste Faktor bei der Entscheidung, ob eine Person nach TCK 191 (Gebrauch) oder TCK 188 (Handel) strafrechtlich verfolgt wird.
Selbst wenn die Menge unter der Grenze des persönlichen Gebrauchs liegt, kann die Person dennoch wegen Drogenhandels belangt werden, wenn die Substanz in kleinen Päckchen vorliegt oder zusammen mit einer Präzisionswaage gefunden wird. Umgekehrt gibt es auch Urteile, in denen eine Person, die mit einer einzigen Substanzmenge knapp über der Jahresgrenze (z. B. 1,2 kg Cannabis) und ohne weitere Beweise in ihrer Wohnung angetroffen wurde, als „Konsument“ eingestuft wurde.
Daher wird die Strafzumessung bei Drogendelikten von den Gerichten als Ganzes bewertet, basierend nicht nur auf der beschlagnahmten Menge, sondern auch auf der Art der Substanz, der Art des Besitzes und anderen konkreten Beweisen.
